LPD 2020.1 – Linux Mint

Schaut man sich bei Distrowatch.com auf der Seite „Page Hit Ranking“ nach den am meisten angeklickten Linux-Distributionen um, dann fällt auf, das Linux Mint immer ganz vorne mit dabei ist.

Anklicken heißt nicht, dass es auch installiert wurde, aber es ist ein Indiz dafür, dass es als Linux-Betriebssystem mit erste Wahl ist.

Was ist Linux Mint und warum erfährt es eine so große Beliebtheit?

Ich versuche mal, dazu ein paar Gründe zu finden…

Wenn man nicht gerade einen Linux-Server betreibt oder spezielle Programmentwicklung durchführt sondern eine für sich selbst ansprechende, brauchbare Arbeitsoberfläche (Desktop) für seine alltägliche Arbeit auf seinem PC haben möchte, spielt zunächst der Linux-Unterbau nicht so sehr die große Rolle.

Dennoch hat Linux Mint (kurz Mint) den entscheidenden Vorteil, dass es auf das bewährte Ubuntu mit dem Debian-Kern setzt.

Das bedeutet in erster Linie Stabilität, Sicherheit, weite Verbreitung und damit Zugang zu umfangreicher Literatur sowie Hilfe im Internet, auch deutschsprachig, und eine garantierte Pflege und Weiterentwicklung über Jahre hinaus.

Alles was für Ubuntu gilt, gilt im Wesentlichen auch für Mint; man hat ein ausgereiftes System als Basis und kein Experimentierfeld. Es stehen zahlreiche Programme jeglicher Art inkl. Spiele zur Verfügung, die mittels der Paketverwaltung heruntergeladen und sehr einfach installiert werden können.

Das sind die Stärken der ganzen Ubuntu-Familie, zu der Mint auch gehört.

Dann kann man ja auch direkt Ubuntu oder eine andere Distribution wie z.B. das einsteigerfreundliche und stabile Manjaro nehmen oder das sehr ressourcenfreundliche MX/XFCE oder…?

Ja natürlich, aber es gibt einige Dinge, die Mint besonders machen…

Wenn man ein Produkt „verkaufen“ möchte – Mint ist natürlich kostenlos – kommt es auch auf die Unterschiede und die Außenwirkung an.

Da gibt es einmal einfach die Tatsache, dass Mint im Gegensatz zu Ubuntu von Anfang an auch Programme zur Installation zuließ, die Ubuntu verweigert hatte oder nur als optionalen Zusatz anbot.

In der Zeit gab es einen „Glaubenskrieg“ über freie und nicht-freie Software, der bis heute anhält.

(Freie Software: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Konzept-karte_der_Freien_Software.svg)

Bei der Entstehung von Mint in 2006 als Abzweigung von Ubuntu wollte man frei verfügbare und nicht frei, aber beliebte Software besser in eine Distribution bringen, als es Ubuntu tat, wie z.B. Adobe Flash.

Hinzu kam die Implementierung vieler Codecs, z.B. mp3, was Mint sehr multimediafähig von Anfang an machte und wo so manches Linux nicht gut unterwegs war.

Die ganze Idee war es, einerseits etwas bewährtes zu haben inkl. auch Programme, die nicht frei sind, also Nutzungsbedingungen unterliegen und den Anwender in irgendeiner Art beschränken, aber dennoch so beliebt und vor allem zweckmäßig sind, dass man sie dem Anwender nicht vorenthalten wollte.

Aber letztendlich ist der Erfolg von Mint auch dem Desktop Cinnamon (auf Deutsch: Zimt) zu verdanken mit dem eine sehr ansprechende, komfortable, leicht anzupassende Arbeitsoberfläche geschaffen wurde, die bewusst auch an die erfolgreiche Oberfläche von Windows 7 der Konkurrenz erinnert und sicherlich zur Zielsetzung hat, deren Nutzer für die Linux-Welt zu gewinnen.

Cinnamon ist inzwischen so erfolgreich, dass auch andere Linux-Distributionen diese Arbeitsoberfläche anbieten.

Ein frisch installiertes Mint mit Cinnamon zeigt sich so:

Die Steuerleiste ist unten, Standardprogramme wie der Webbrowser Firefox, Anwendungsverwaltung, etc. sind dort schon fest verankert.

Und hier ein Bild von dem Cinnamon-Desktop des Autors, offensichtlich Pink Floyd – Fan :

Die Steuerleiste ist hier links, um einige Programme dort ergänzt und der Desktop hat ein anderes Hintergrundbild.

Über das Startmenü sind alle installierten Programme, die nach Kategorien (änderbar) geordnet sind zu finden.

Die ganzen Möglichkeiten, die Cinnamon bietet, können hier nicht alle erwähnt werden, aber das, was man gemeinhin aus der Windows-Welt kennt, ist i.a. hier auch möglich und noch vieles mehr…

Es gibt zahlreiche Artikel im Netz über Mint/Cinnamon und die zahlreichen Einstellmöglichkeiten zu lesen, ich verweise da u.a. auf https://www.pcwelt.de/a/linux-mint-cinnamon-desktop-optimieren,3452407, deshalb möchte ich das hier nicht tun sondern einfach noch ein paar wichtige Gründe für Cinnamon erläutern, persönlich nachempfunden von der Webseite: https://opensource.com/article/17/1/cinnamon-desktop-environment aus 2017, aber immer noch gültig, hier stark gekürzt wiedergegeben. Ein Dankeschön an dieser Stelle an den Autor und Linux-Experten David Both aus Raleigh, North Carolina (many thanks to you, David, if you ever read this!):

  • Integration: Alle wichtigen Programme laufen unter Cinnamon problemlos, alle Programmbibliotheken aus den anderen Desktops (s.u. XFCE, Mate) sind verfügbar und machen Cinnamon nahtlos brauchbar.
  • Aussehen: klares Aussehen, leicht zu lesende Schriften (Fonts), ansprechende Farben
  • Desklets: kleine Programme, die direkt auf der Oberfläche laufen wie Wetter, Uhr, „gelbe Zettel“, Systemauslastung, …
  • Geschwindigkeit: alles geht sehr schnell, vom Einloggen bis zum Aufrufen von Programmen
  • Konfiguration: einerseits nicht so umfangreich wie der KDE-Desktop, aber andererseits bietet es dennoch viele Möglichkeiten für das Aussehen und Verhalten für seinen persönlichen Geschmack, z.B. Fenstereinstellungen, Icons, Zeiger, Basisschemen, …
  • Steuerleiste: einfach, konfigurierbar, enthält das Startmenü, erweiterbar um Applikationen
  • Flexibilität: Es gibt nicht nur einen Weg, um manche Aktionen auszuführen, auf dem Desktop kann man z.B. über die rechte Maustaste einige Aktionen schnell ausführen wie ein neues Dokument anlegen, ein Terminal aufrufen, …
  • Mehrfache Arbeitsflächen: Es besteht die Möglichkeit, mehrere Arbeitsflächen einzurichten, quasi mehrere Bildschirme auf einmal
  • Dateiexplorer Nemo: einfach zu nutzen, viele Funktionen
  • Stabilität: sehr stabil, es läuft einfach

Alles dies heißt nicht, dass andere Linux-Desktops das nicht auch können, aber in Cinnamon ist davon alles vereint und sehr gut umgesetzt und das ist eben halt auch wichtig und was man erwarten darf, wenn man sich für ein Betriebssystem und eine Arbeitsoberfläche entscheidet.

Perfekt ist niemals irgendetwas, aber Mint/Cinnamon ist wirklich sehr benutzerfreundlich und ausgereift, mit anderen Worten: sehr empfehlenswert für jedermann.

Inzwischen ist die Version 20 von Mint erschienen, die Ubuntu 20.04 als Unterbau hat.

Dabei sei erwähnt, dass Mint auch mit den Desktops XFCE und Mate zu installieren ist, die eher auf ältere Rechner mit weniger Ressourcen abzielen; man kann sogar alle drei parallel installieren und es sich aussuchen, mit welcher Oberfläche man gerade arbeiten möchte…

Der Ressourcenbedarf für Mint und seinen Desktops ist nicht sehr hoch und deutlich weniger als unter Windows, allerdings unterstützt die neueste Version nur noch Rechner mit 64 Bit – Architektur, was auch nachvollziehbar ist, denn die 32 Bit – Architektur geht zu Ende. Für diesen Fall kann man dann alternativ das noch aktuelle Mint 19.3 weiterhin nutzen, welches 32 Bit unterstützt.

Die wichtigsten Neuerungen der Version 20 seien hier ebenfalls kurz erwähnt, auch nachzulesen bei https://linuxnews.de/2020/06/linux-mint-20-ulyana-bereit-zum-download/ oder auch bei https://www.heise.de/news/Linux-Mint-20-Desktop-ohne-Snap-Pakete-4797111.html

  • Dateimanager Nemo: Das Laden von Dateiminiaturbildern (Thumbnails) wurde beschleunigt
  • neue Themen, Farben
  • fractional scaling: unterschiedliche Skalierungsmöglichkeiten für Monitore
  • verbesserte Handhabung von Optimus / Nvidea
  • neues Interface für die Installation von .deb-Paketen
  • konsistente Darstellung der Steuerleiste in allen drei Desktops
  • Warpinator: Auffinden von Rechnern in einem lokalen Netzwerk und einfacher Austausch von Dateien, verschlüsselt

Ich kann nur empfehlen, sich mal ein Live-System auf einem USB-Stick zu erzeugen und dieses auszuprobieren, dabei zerstört man sich seine alte Umgebung nicht. Außerdem erkennt man dann auch deutlich, ob die Ressourcen dafür noch ausreichend sind.

Im Netz kann man nachlesen, wie es funktioniert, das ganze ist nicht schwer: Mint-ISO-Image herunterladen (https://www.linuxmint.com/download.php), auf den USB-Stick schreiben, z.B. unter Windows mit Yumi, welches den Vorteil hat, dass man es nicht installieren muss sondern nur herunterladen und aufzurufen braucht.

Und wie man den PC vom USB-Stick mit einem Linux darauf bootet, ist ebenfalls leicht zu meistern; dazu muss man mal kurz ins BIOS des Rechners und die Boot-Reihenfolge überprüfen bzw. festlegen. Ins BIOS kommt man beim Starten über die ESC-Taste oder auch über irgendeine F-Taste (Funktionstaste im oberen Bereich der Tastatur), das ist rechnerabhängig und wird beim Rechnerstart angezeigt.

Hilfe zu allen Themen rundum Mint und Ubuntu bekommt man natürlich auch hier: https://linuxmintusers.de, https://ubuntuusers.de

Zu all diesen Themen kann man uns auch uns fragen, wir bieten sehr gerne dazu Hilfe an, unser nächster Linux Presentation Day wird voraussichtlich im November stattfinden, aber wir sind auch monatlich regelmäßig online, unsere Webseite gibt dazu Auskunft.

Viel Spaß und Erfolg mit Linux Mint!